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Shakespeares Sturm

Wir suchen dringend Spieler und Techniker. --- WAS? Ein totgeglaubter Ex-Staatschef lässt seine Todfeinde mittels erlernter Magie auf seiner öden Insel stranden. Machtgier und Unterdrückung planen Mord. Aber Magie sieht und hört mit – und verhindert! Die verliebte neue Generation sorgt für Vergebung, Rehabilitation und Befreiung. Die Insel als Ort der Kämpfe ist mal Wüste, mal üppiges Paradies, je nach Sicht und Einstellung des Betrachters. Doch wie sieht die wirkliche Welt aus? Widersprüchliche subjektive Sichtweisen bringen keinen Konsens. Wer entscheidet, was Wirklichkeit ist? Jede Figur bietet einen nachvollziehbaren Lebensentwurf an, der von den anderen gleich widerlegt und aufgehoben wird. Der Zuschauer findet sich in einem Labyrinth von Lebens- und Gesellschaftsentwürfen wieder. Wie sich entscheiden? WARUM? Der Sturm gehört zu Shakespeares komplexesten Stücken, obwohl es, oberflächlich betrachtet, sehr einfach gestrickt ist: Ein entmachteter Herzog beschwört mithilfe seines magischen Dieners einen Sturm herauf, um seine Feinde auf seine Insel zu locken und sich grausam an ihnen zu rächen – und um seine Tochter mit dem Prinzen zu verkuppeln. Der Plan ist klar, die Ausführung zauberhaft: Mit vielen magischen Tricks entfesselt Prospero ein Illusionsspiel und entgeht dabei souverän den Attacken versoffener Schiffbrüchiger und fischschuppiger Ungeheuer. Doch so einfach gestrickt wie es scheint, ist das Stück denn doch nicht. Auf der Insel ist nichts so, wie es scheint: Auch auf den ersten Blick negative Figuren sind ironisch gebrochen und können als gut oder böse interpretiert werden. Ist Prospero gerecht? Zunächst erheischt er als vertriebener Herzog das Mitgefühl des Publikums, dann jedoch erscheint er als rachsüchtiger Unmensch, der scheinbar ein ganzes Schiff opfert, um seine Feinde in die Hände zu bekommen. Auch Caliban, dessen Name wohl nicht zufällig an Kannibalen erinnert, ist ein widersprüchlicher Charakter. Er spiegelt, ja parodiert andere Figuren: Sein Schicksal teilt er mit Prospero, weil er seiner Insel beraubt wurde, doch er verhält sich genauso herrschsüchtig wie Antonio. Sein Versuch, mit Stephano und Trinculo Prospero zu töten, ähnelt Sebastians und Antonios Intrige gegen Alonso. Prospero sei Shakespeares Alter Ego – diese Interpretation wird vor allem durch den Epilog gestützt, in dem sich Prospero ans Publikum wendet und um dessen Gunst bittet. Aber auch innerhalb des Dramas drängt sich der Vergleich auf: Ähnlich einem Theaterautor treibt Prospero die Handlung voran. Mit seinen magischen Tricks beeinflusst er Mensch und Umwelt. Das Stück strotzt vor Dualitäten: weiße und schwarze Magie, der Zusammenprall primitiver und fortschrittlicher Zivilisationen, christliche Ethik vs. neuplatonische Ideale. Psychoanalytisch gedeutet kämpft Prospero mit seiner dunklen, brutalen Seite (Caliban) und seinem sensiblen, engelhaften Ich (Ariel) um die Ganzheit und Vollkommenheit seiner Seele. Zentrale Themen sind Gerechtigkeit, Verrat, Rache, Macht und Unterwerfung. Ein solcher Text ist deshalb in einer Zeit der Kriegsbedrohung, der Energiekrise, des Klimawandels brisanter denn je. Es gibt keine Antworten, was der richtige Lebens- und Gesellschaftsentwurf ist: Utopia der Harmonie, Diktatur, Demokratie oder Anarchie. Aber der Impuls soll weWIE? Durchs Shakespeares Alterswerk wehen utopische Traumbilder einer idealen Gesellschaft und ein Hauch von melancholischem Abschiedsschmerz. Kontrapunktisch gibt es auch Elemente deftiger Rüpelkomik und dunkle Charaktere voller Durchtriebenheit und niederer Absichten. In diesem Drama offenbart sich Shakespeares ganze Fantasie und tiefe Kenntnis aller Spielarten der menschlichen Seele. Das wollen wir aufgreifen. Die Ausstattung (Bühnenbild / Kostüme) soll zeitlos sein, die Figuren aber in ihrem sozialen Bezug determinieren. Symbolische Überhöhungen sind möglich, auch spielerisch, z. B. bei clownesken Figuren wie Stephano und Trinculo,, die nicht immer Sympathieträger sind. Handgemachte Musik und Geräuschcollagen ergänzen das Spiel. Wir inszenieren ein Spiel mit hohem Tempo in einem wandelbarem Bühnenbild, mobil für den Einsatz drinnen wie draußen: im Theaterhaus Rudi ebenso wie in Schlossparks, Sälen und auf Freilichtbühnen. Der Sturm ist unser 13. Shakespeare - und soll wieder beweisen, dass keine Knoten im Kopf notwendig sind, um Shakespeare lebendig zu halten. Das funktioniert als kraftvolles Shakespeare-Theater in bester englischer Tradition. Der Sturm wird unser neues Planwagen-Stück: verpackt auf einem Planwagen, wird es - mit durchaus missionarischem Eifer - im kulturarmen Raum in Kneipen, in Burg- und Schlosshöfen gespielt. Unsere (jährliche) Sommertour ist europaweit einmalig und bildet den Höhepunkt im Vereinsleben von Spielbrett. Sie lockt – so zeigt unsere über 35jährige Erfahrung – neben Shakespeare-Fans auch Publikum an, das sonst kaum ins Theater geht. Da kommt ein Volkstheater „aufs Land“, das Anspruch und Unterhaltung vereint und die Scheu vor dem Klassiker nimmt. Spielbrett hat dafür einen unverwechselbaren Stil entwickelt: kräftig, bildhaft, gestisch, ein Shakespeare in hundert Minuten. Das verlangt kühne Textstriche, erarbeitet in der Gruppe, eine Reduzierung auf das Wesentliche. Zur Planwagentour attestierte uns der Landes-Amateurtheater-Verband Sachsen: „Die Organisation und Durchführung der Planwagentour führt unter den Beteiligten zu einem größeren Verständnis über die Theaterarbeit sowie zu einer Festigung der Gruppe. Jedes Mitglied erlebt hautnah, wie wichtig jeder Einzelne für das Gelingen des Vorhabens ist. Über 200 zusammenhängende Stunden ist jeder auf jeden angewiesen. Sie begreifen sich so auch als ein handelndes Ganzes, deren unmittelbare Wirkung nach außen sofort auf sie zurückkommt. Was allgemein als Kulturbotschafter bezeichnet wird, spürt jedes einzelne Mitglied auf Schritt und Tritt über die gesamte Zeit der Tournee.“ Regie wird Ulrich Schwarz führen, bei der musikalischen Konzeption unterstützt durch Sandra von Holn. Neben der professionellen Anleitung sind unsere Stücke stets auch geprägt von den Erfahrungen, Ideen und dem Engagement der einzelnen Spieler, die in der Ausgestaltung ihrer Rollen gewisse Freiheiten haben. Deshalb ist für dieses Projekt nicht nur das Ergebnis wichtig, welches der Zuschauer sehen und beurteilen kann und an das wir als Gruppe einen hohen Anspruch stellen, sondern auch der durch die Teilnehmer selbst erarbeitete Weg dorthin, beginnend bei der Wahl der Übersetzungen. itergegeben werden, dass nur mit einer Wegänderung das Überleben der Menschheit erreicht wird.

Projektbeginn01.01.2024
Projektdauer31.12.2025
OrtTheaterhaus Rudi, Dresden
Wochenstunden2 bis 4
Anzahl der Freiwilligen25
EngagementbereichFamilie, Kinder, Jugend, Bildung, Gesellschaft, Kirche, Politik, Kultur, Musik, Brauchtum

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